Gesprächspartnerin: Anita Egger
Schaffen, schaffen, schaffen – das galt für Lesli Boulter von Kindheit an, auf dem Bauernhof und auch beim Milchaustragen. Zusammen mit den Eltern und sieben Geschwistern wuchs sie in einer 4-Zimmer-Wohnung auf. Statt mit Puppen zu spielen, kümmerte sie sich als Älteste der Kinder um ihre kleineren Schwestern und Brüder.
Eigentlich wollte Lesli Boulter Schneiderin werden. Doch eine Berufsausbildung durfte sie nicht machen. Dafür zog sie ins Welschland, um als Dienstmädchen französisch zu lernen. Zurück in Gossau servierte sie unter anderem im «Bädli» und lernte dort ihren späteren Ehemann Victor kennen – einen Internierten aus England.
Lesli Boulter, damals noch «Luise», trifft die Liebe ihres Lebens. Doch Victor muss wieder zurück in seine Heimat. Zuvor hält er um ihre Hand an. Weder Vater noch Bruder glauben daran, dass Luise ihren Victor wirklich heiraten wird.
Mit dem Hochzeitskleid und der Aussteuer im Gepäck reist Luise ganz alleine von Gossau nach Oxford. Innert 10 Tagen muss sie heiraten, denn das Visum ist auf diese Tage beschränkt. Auf ihren ausdrücklichen Wunsch gibt es eine katholische Hochzeit, auch wenn nur der Pfarrer und sie katholisch waren.
In England herrschen immer noch Kriegswirren. Lesli Boulter erhält eine Anstellung und freut sich darüber, denn ihr Mann Victor ist nach wie vor im Militärdienst. Nach dem Dienstende wartet er vergebens, bis er die Lehrerausbildung machen kann. Ein Grund für Victor und Lesli, in die geordnetere Schweiz zurückzukehren.
Wieder daheim in Gossau ist das Erstaunen gross, dass Lesli durch die Heirat mit Victor nun eine Ausländerin ist und das Paar mit ihrer Tochter als Ausländerfamilie keine Wohnung bekommt. Die junge Familie schafft sich schliesslich doch noch ein eigenes Zuhause.
Victor konnte alles, sogar Möbel schreinern und Gedichte schreiben. Als Techniker bei den British Airways in Kloten hatte er Gelegenheit, regelmässig seine Eltern in England zu besuchen.
Victor stirbt mit 72 Jahren. Ein schwerer Schlag für Lesli. Doch das Leben geht weiter. Lesli hilft überall, wo sie kann und schätzt den Zusammenhalt in ihrer Familie. Quasi zur erweiterten Familie gehören für sie die Sportvereine Fortitudo und FC Gossau.